Die Afrakapelle der Klosteranlage Seligenthal

Klarheit über die Geschichte dieses berühmtesten Bauwerks in Seligenthal haben wiederholte Untersuchungen noch nicht gebracht. Sicher ist aber, dass nach der Gründung des Klosters zunächst hier die Liturgie gefeiert und dass die 1240 verstorbene Stifterin, Herzogin Ludmilla, hier beigesetzt wurde. Nach der Errichtung der Abteikirche im Jahr 1259 wurden ihre Gebeine dorthin übertragen.

Gedenkstätte der Wittelsbacher

In der Folge wurde die Afrakapelle zu einer Gedenkstätte für die verstorbenen Mitglieder des Hauses Wittelsbach. In Zusammenhang mit der Einführung eines Fürstenjahrtags (1320) wurde ein Hochgrab errichtet, auf dem die um 1330 geschnitzten Stifterfiguren lagen. Da das Hochgrab keinen Platz mehr für den Altar ließ, wurde an den romanischen Kirchenraum der gotische Altarraum angebaut. Anfang des 17. Jahrhunderts wurde das Hochgrab wieder abgetragen, und die beiden Figuren an den heutigen Platz über der Säule versetzt. Herzog Ludwig ist dargestellt mit dem weiß-blauen Rautenwappen. Ursprünglich war dieses das Wappen der Grafen von Bogen. Ludmilla, die in erster Ehe mit einem Grafen von Bogen verheiratet war, brachte das Wappen nach dem Aussterben dieses Geschlechts nach Bayern.

Die Herzogin hält das Szepter und den Reichsapfel in Händen, Zeichen ihrer königlichen Abstammung. Aus derselben Zeit wie die Stifterfiguren stammen die 28 kleinen Figuren, die an der Emporebrüstung stehen. Es handelt sich um Fürstenpersonen des Hauses Wittelsbach, die sich nicht lückenlos bestimmen lassen.

Hochaltar

Das Gehäuse des Hochaltars stammt aus dem Jahr 1613. Die Figuren sind jedoch älter. Wenn sie immer schon Altarfiguren waren, was anzunehmen ist, dann haben wir hier ein frühes Beispiel für einen Figurenaltar. Dargestellt sind Maria mit dem Kind, Johannes der Täufer und Johannes der Evangelist. Das Besondere ist, dass die Dargestellten nicht in sich ruhend dastehen, sondern sich dem Betrachter zuwenden. Maria hält uns das Kind hin und beide schauen uns an; auch Johannes der Täufer blickt uns an und deutet mit dem Finger auf das Lamm hin, das sich für uns geopfert hat; der andere Johannes legt die Hand auf das Evangelienbuch und macht uns so auf die Bedeutung des Evangeliums aufmerksam.

Namenspatronin Afra

In der Nische im oberen Teil des Altars steht eine kleine Figur der hl. Afra. Sie hat der Kapelle den Namen gegeben, obwohl sie dem hl. Johannes dem Täufer geweiht ist. Wahrscheinlich haben Nonnen aus Niederschönenfeld (Bistum Augsburg), die den durch zahlreiche Todesfälle geschwächten Seligenthaler Konvent 1573 verstärkten, die Figur mitgebracht. Afra und Ulrich sind die Patrone des Bistums Augsburg.

Nutzung

Anlässlich der gründlichen Restaurierung der Afrakapelle um 1970 wurde eine Heizung eingerichtet. Deshalb wird sie jetzt von den Schwestern als Winterkirche benützt.